LNG-Tanker: Die wichtigsten Fakten im Überblick

LNG Tanker im Morgengrauen am Terminal im Hafen

„Methane Pioneer“, so hieß der weltweit erste LNG-Tanker, der verflüssigtes Erdgas auf dem Seeweg transportierte. Das Schiff trat im Jahr 1959 seine erste reguläre Fahrt an. Es diente Forschungszwecken und sollte helfen, Erfahrungen beim Transport von Flüssigerdgas zu sammeln. Heute, über 60 Jahre später, fahren mehr als 640 solcher LNG-Tanker über die Weltmeere. Sie haben eine Kapazität von 103,8 Millionen Kubikmetern und liefern Flüssigerdgas von Australien, Katar und anderen Exporteuren zu LNG-Terminals in der ganzen Welt. Doch wie ist ein LNG-Tanker eigentlich aufgebaut? Wie viel Gas kann er mitführen und wem gehören die größten Flotten?

Die Themen im Überblick

LNG-Tanker transportieren bis zu 265.000 Kubikmeter verflüssigtes Erdgas

Erdgas stammt aus fossilen Quellen. Es lässt sich über Bohrungen an die Oberfläche befördern und mit Leitungen bis zu den Verbrauchern transportieren. Sind Letztere zu weit von der Quelle entfernt, kommen LNG-Tanker zum Einsatz. Dabei handelt es sich um große Frachtschiffe, die für den Transport von Gas mit speziellen Speichern ausgestattet sind. Um Platz zu sparen und die Wirtschaftlichkeit des Überseetransports zu steigern, beladen Exporteure Erdgas aber nicht gasförmig, sondern im flüssigen Aggregatzustand. Dieser lässt sich durch das Abkühlen des Rohstoffs auf unter – 162 Grad Celsius erreichen.

Eine Lieferung versorgt rund 90.000 Haushalte ein Jahr lang mit Energie

Pro LNG-Tanker lassen sich auf diese Weise bis zu 265.000 Kubikmeter Flüssigerdgas zu LNG-Terminals in der ganzen Welt transportieren. Laden die Schiffe ihre Ladung dort ab, verdampfen Regasifizierungsanlagen den Rohstoff. Sie führen Wärme zu und ermöglichen so den Übergang in den gasförmigen Aggregatzustand. Das ursprünglich flüssige Erdgas dehnt sich dabei um den Faktor 600 aus, bevor es in das Erdgasnetz einströmt. Die Energiemenge, die ein LNG-Tanker transportiert, reicht dabei aus, um 90.000 Haushalte ein Jahr lang zu versorgen.

Über 640 LNG-Tanker transportieren Flüssigerdgas auf den Weltmeeren

Mitte 2022 sind insgesamt 641 LNG-Tanker im Einsatz. Sie haben eine Kapazität von 103,8 Millionen Kubikmetern und sind in der Lage, gigantische Energiemengen zu transportieren. Den aktuellen Bedarf decken sie jedoch kaum. So sind die Schiffe bis auf Weiteres komplett ausgebucht. Bis 2040 rechnen Experten daher mit einer Verdopplung der aktuellen Transportkapazitäten. Vor zehn Jahren lagen diese übrigens noch bei 52 Millionen Kubikmetern Flüssigerdgas. Das zeigt, wie rasant die Entwicklung voranschreitet.

Übrigens: Europa nutzt den Energieträger, um die Abhängigkeit von einigen wenigen Gasanbietern zu reduzieren. LNG-Tanker ermöglichen dabei den Handel mit Staaten, bei denen eine Lieferung über Pipelines technisch oder wirtschaftlich nicht infrage kommt.

Interessant ist das auch in Hinblick auf Wasserstoff. Denn dieser lässt sich auf ähnliche Weise über den Seeweg transportieren. Der größte Unterschied: Während Flüssigerdgas eine Temperatur von -162 Grad Celsius aufweist, ist tiefkalt verflüssigter Wasserstoff – 253 Grad Celsius kalt.

Top 5 Flüssigerdgas-Lieferanten: Hier legen die meisten LNG-Tanker ab

Wer liefert das meiste Flüssigerdgas und wo legen LNG-Tanker am häufigsten ab? Die folgende Tabelle zeigt die Top-5-Lieferanten der Welt mit jährlichen Exportkapazitäten.

Platz Land Exportkapazität pro Jahr Anteil am weltweiten Exportvolumen
1 Australien 106,2 Mrd. m³ 21,8 %
2 Katar 106,1 Mrd. m³ 21,7 %
3 USA 61,4 Mrd. m³ 12,6 %
4 Russland 40,4 Mrd. m³ 8,3 %
5 Malaysia 32,8 Mrd. m³ 6,7 %

Während die Daten der Tabelle aus dem Jahr 2020 stammen, dürfte sich die Reihenfolge Ende 2022 noch einmal ändern. Grund dafür ist der massive LNG-Ausbau der USA, die mit einer Exportrate von voraussichtlich 106,7 Mrd. m³ pro Jahr deutlich aufgeholt haben.

Aufbau und Antrieb: So funktioniert ein moderner LNG-Tanker

LNG-Tanker sollen große Mengen Flüssigerdgas möglichst verlustfrei mehrere Tage oder Wochen bevorraten. Im Kern bestehen sie dazu aus bis zu fünf doppelwandigen Tanks. Zwischen der äußeren und der inneren Hülle befinden sich Dämmstoffe in einem evakuierten Raum. Das sorgt für minimale Wärmeeinträge und schützt vor sogenannten Boil-Off-Verlusten. Diese entstehen, wenn sich LNG erwärmt, in den gasförmigen Aggregatzustand übergeht und aus dem Tank entweicht. Letzteres ist nötig, um den Druck im Tankinneren zu regulieren und Gefahren zu verhindern.

Kugelförmige oder rechteckige Tanks zur Bevorratung von Flüssigerdgas

Um die Verluste durch das unerwünschte Verdampfen des flüssigen Erdgases zu reduzieren, entscheiden sich Konstrukteure von LNG-Tankern häufig für eine kugelförmige Tankform. Der Hintergrund: Kugeln haben bezogen auf ihr Volumen die kleinste Oberfläche. Sie sind in sich stabil und verkürzen die Bauzeit, haben insgesamt aber ein höheres Gewicht.

Rechteckige Tanks stellen eine Alternative dar. Diese verfügen über eine mehrschichtige Hülle zur Reduktion der Wärmeverluste und nehmen insgesamt mehr Flüssigerdgas auf. Neben der Bauzeit fallen allerdings auch die Kosten dieser Bauart häufig höher aus.

Während die Transportschiffe mit den typischen Kugeltanks etwa 138.000 Kubikmeter Flüssigerdgas aufnehmen, liefern die größten Schiffe mit rechteckigen Membrantanks bis zu 265.000 Kubikmeter Flüssigerdgas pro Fahrt. Der Durchschnitt liegt bei einer Lieferkapazität von etwa 174.000 Kubikmeter Flüssigerdgas.

LNG Tankschiff Flex Rainbow vor dem Hafen Swinemuende

Ein LNG Tanker mit rechteckigen Membrantanks (Kapazität 174.000 m³ LNG)

Antriebe der LNG-Tanker verbrennen Boil-Off-Gas der eigenen Tanks

Das Boil-Off-Gas, das bei der unerwünschten Verdampfung im Lagertank frei wird, lässt sich optimal für den Schiffsantrieb nutzen. Dazu verbrennen Generatoren den wertvollen Rohstoff an Bord. Sie erzeugen elektrische Energie, die wiederum die Schiffsschrauben antreibt. Entgegen dem reinen Diesel- oder Gasmotor hat der elektrische Antrieb mit separatem Generator einige Vorteile. Er spart bis zu 20 Prozent Energie ein, stößt weniger Schadstoffe aus und kommt zudem mit geringeren Verschleißerscheinungen aus.

Be- und Entladung: So lange dauert das Befüllen der Schiffe

Zum Be- und Entladen sind Export- und Import-Terminals nötig. Erstere finden sich am Exporthafen. Sie kühlen Erdgas aus dem Netz, füllen es in große Speicher und von diesen aus in die Tanks der Transportschiffe. Am Zielort legen LNG-Tanker an einem Import-LNG-Terminal an. Das verflüssigte Erdgas strömt über Leitungen in große Tanks, bevor es in einer Regasifizierungsanlage verdampft und in das regionale Erdgasnetz einströmt.
Moderne Be- und Entladeanlagen erreichen Volumenströme von bis zu 14.000 Kubikmetern pro Stunde. Das Be- und Entladen großer LNG-Tanker dauert dabei rund 20 Stunden. Noch mehr Zeit benötigen die Verflüssigungs- und Regasifizierungsprozesse. Diese laufen je nach Liefermenge vier bis sieben Tage und blockieren das LNG-Terminal in der Zwischenzeit zumindest teilweise.

Größte LNG-Tanker-Flotten gehören griechischen Reedern

Weltweit sind aktuell mehr als 640 LNG-Tanker im Einsatz – bis 2025 sollen noch einmal über 200 hinzukommen. Diese wurden bereits bestellt und befinden sich im Bau. Die meisten entstehen dabei in südkoreanischen Werften. Aber auch Schiffsbauer aus China und Russland arbeiten aktuell ihre Auftragsbücher ab.
Die größten Flotten betreiben zurzeit griechische Reedereien. Darunter Maran Gas mit über 50 aktiven und im Bau befindlichen LNG-Tankern oder Ceres Hellenic. Die Reederei von Peter Livanos verfügt selbst über 35 Tanker für Flüssigerdgas. Hinzu kommen Reeder wie George Prokopiou und George Economou, die 17 bzw. 16 LNG-Tanker im Einsatz haben.

Ändern dürfte sich die Rangfolge hier durch Katar. Der Flüssigerdgas-Exporteur schloss im Jahr 2020 Verträge über den Bau von 100 Frachtern und sicherte sich damit bis 2027 etwa 60 Prozent der weltweiten LNG-Schiffbaukapazität.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Tankern für Flüssigerdgas

Was ist ein LNG-Tanker und was zeichnet die Frachtschiffe aus?

LNG-Tanker sind Frachtschiffe für den Transport von verflüssigtem Erdgas. Sie verfügen dazu über speziell isolierte Tanks für LNG. Diese lassen nur wenig Wärme hindurch und verhindern so, dass sich das flüssige Erdgas aufheizt. Käme es dazu, würde der Rohstoff verdampfen und aus dem Speicher entweichen, um den Druckanstieg darin zu begrenzen.

Wie viel Flüssigerdgas kann ein Tankschiff transportieren?

Während Tanker mit kugelförmigen Speichern in der Regel 138.000 Kubikmeter flüssiges Erdgas mitführen können, lassen sich mit rechteckigen Speichern etwa 265.000 Kubikmeter Flüssigerdgas transportieren. Heute üblich sind Schiffe, die 174.000 Kubikmeter LNG mitführen.

Wie hoch sind die jährlichen Lieferkapazitäten weltweit?

Insgesamt liegt die jährliche Transportkapazität Experten zur Folge bei etwa 103,8 Millionen Kubikmetern. Während vor zehn Jahren nur 53 Millionen Kubikmeter transportiert wurden, sollen es 2040 über 200 Kubikmeter Flüssigerdgas pro Jahr sein.

Wie lange dauert es, einen LNG-Tanker zu be-/entladen?

Bei einem Volumenstrom von bis zu 14.000 Kubikmeter pro Stunde dauert es etwa 20 Stunden, einen großen Frachter komplett zu entleeren. Kleinere Schiffe sind auch schon nach 10 bis 12 Stunden gelöscht. Während das Beladen in der Regel genau so viel Zeit in Anspruch nimmt, dauert das Aufbereiten und Verflüssigen bzw. Regasifizieren an Land gut vier bis sieben Tage.

Wie teuer ist ein LNG-Tanker bei den aktuellen Preisen?

Die Charterraten liegen heute bei etwa 100.000 Euro pro Tag für durchschnittliche Tanker. Wer ein Schiff selbst kaufen möchte, muss dafür etwa 250 Millionen Dollar ausgeben. Zum Vergleich: Im Vorjahr kosteten große LNG-Tanker für etwa 174.000 Kubikmeter Flüssigerdgas noch rund 195 Millionen Dollar. Die Charterraten für LNG-Tanker schossen im Q4 2021 allerdings schon über 200.000 Euro, für das Q4 2022 werden ähnlich hohe, wenn nicht sogar noch höhere Zahlen erwartet.

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